Im Rahmen der Seminarreihe „Klimagerechtes Bauen“ fand im August 2024 bereits zum dritten Mal eine Design-Build-Kompaktwoche zu nachwachsenden Baustoffen an der Hochschule RheinMain (HSRM) statt. Unter der Leitung von Prof. Sascha Luippold bietet die interdisziplinär und international besetzte hands-on Summer School Studierenden aus Architektur und Bauingenieurwesen sowie benachbarten Disziplinen die Gelegenheit, praxisnahe Erfahrungen im nachhaltigen Bauen zu sammeln. Die Veranstaltung wird regelmäßig in Zusammenarbeit mit dem Labor für Holzbau der HSRM und unter Mitwirkung eines breit aufgestellten internen und externen Expertenteams durchgeführt.
Internationale Zusammenarbeit mit Fokus auf eine nachhaltige Bauwende
An der desjährigen Summer School nahmen insgesamt 40 interne und externe Studierende aus Deutschland sowie aus zahlreichen weiteren inner- und außereuropäischen Ländern teil, weshalb sie in diesem Jahr auch erstmals komplett in englischer Sprache durchgeführt wurde. Besonders erfreulich war die Teilnahme zahlreicher Studierender von HSRM-Partnerhochschulen, wie unter anderem von der Università Mediterranea di Reggio Calabria, der Universidad Internacional de Catalunya oder der Technischen Universität Wien. Damit wurde die internationale Ausrichtung der Seminarreihe sowie ihre Bedeutung als Plattform für den interdisziplinären und interkulturellen Austausch zu den aktuellen Fragen einer globalen, nachhaltigen Bauwende weiter ausgebaut, neue Kontakte geknüpft und bestehende Netzwerke gestärkt.
Bauen mit Holz, Bambus, Lehm und Stroh
Innerhalb des Seminars wurde mit vielfältigen nachwachsenden Baustoffen wie Holz, Stroh, Lehm und Bambus praktisch gearbeitet. Es wurden Materialien aus einem bestehenden Pavillon zurückgebaut, auf ihre Recyclingfähigkeit untersucht und zur Wiederverwendung aufbereitet. Anschließend arbeiteten die Studierenden in verschiedenen „Bauteil-Gruppen“, um einen neuen, größeren Pavillon zu errichten. An diesem Pavillon, welcher als Bar in das Campusleben der Hochschule integriert werden soll, wurden neben den verschiedenen nachwachsenden Baustoffen auch unterschiedlichste Bautechniken getestet. Neben traditionellen und industriellen Lehmbautechniken kamen so z.B. auch historische Holz-Fachwerkkonstruktionen und Lehmflechtwerke zum Einsatz. Die Hauptkonstruktion des Pavillons, insbesondere sein weit auskragendes Dach, besteht jedoch größtenteils aus Bambus und dient als abstrahiertes Mockup dem direkten Erkenntnisgewinn für ein konkretes Projekt in Ghana. Angeleitet wurden alle Arbeiten von einem Team aus Experten mit spezifischer Erfahrung zu den jeweiligen Materialien und Konstruktionen. Der interdisziplinäre Fokus lag dabei auf den Verbindungen und Schnittstellen der unterschiedlichen Bauteile und Gewerke.
Klimagerechtes Bauen als sozialer Auftrag: drei internationale Beispiele
Bestandteil des Seminars war auch ein Vortragsabend, der drei spannende Sichtweisen internationaler Protagonist:innen zum Thema sozial nachhaltigen Bauens mit nachwachsenden Baustoffen umfasste. Kevin Kimwelle, Architekt aus Südafrika und Kenia, berichtete von seinen vielfältigen Projekten in Afrika, Amerika und Europa, bei denen immer die lokale Gemeinschaft und der Bau als sozialer Prozess im Mittelpunkt stehen. Der zweite Vortrag von „Frugal Bauen“, einem jungen deutschen Architekturkollektiv, stellte ihre innovativen Ansätze und Konzepte zum einfachen, regionalen Bauen vor, bei denen nachhaltige Materialien sowie lokale Techniken im Mittelpunkt sozial motivierter Projekte stehen. Den Abschluss der Vortragsreihe bildete die Präsentation des Architekturbüros „SoPA: Social Practice Architecture“, das auf Lehmkonstruktionen spezialisiert ist und seine spezifische Herangehensweise an nachhaltige Architektur im gesellschaftlichen Kontext inspirierend vermittelte. Im Anschluss an die Vorträge wurde die begleitende Ausstellung verschiedener studentischer Arbeiten und Forschungsergebnisse eröffnet, die im Rahmen der Materialforschung im Bereich nachwachsender Baustoffe an der HSRM entstanden sind. Der Abend bot eine hervorragende Gelegenheit zum Networking und Austausch unter den Teilnehmenden selbst sowie mit externen Gästen.
Gemeinsam für die Zukunft – informeller Austausch und interkulturelle Netzwerke
Auch außerhalb der eigentlichen Lehrveranstaltung und der begleitenden Vorträge spielte der Austausch zwischen den Teilnehmenden eine wichtige Rolle während der intensiven Blockwoche. Die Studierenden konnten sich bei gemeinsamen Abenden mit Pizza, Kartenspielen und Musik näher kennenlernen, ihre Erfahrungen im Kontext nachhaltiger Architektur austauschen und langfristige internationale Kontakte knüpfen.
Ein weiteres Highlight war der eintägige Besuch der deutsch-ghanaischen Organisation „GROW Colourful Ghana“, mit der die Hochschule RheinMain bereits seit mehreren Jahren kooperiert. GROW agiert mit der Planung eines nachhaltigen Bambus-Schulungszentrums in Ghana und etabliert somit Bambus und weitere traditionelle Baustoffe vor Ort. Der Dialog mit GROW ermöglichte den Studierenden einen Einblick in die praktischen Herausforderungen und Lösungsansätze des nachhaltigen Bauens in verschiedenen kulturellen Kontexten.
Die Summer School des Fachbereiches Architektur und Bauingenieurwesen war auch 2024 wieder ein voller Erfolg – nicht nur durch die praktischen Bauarbeiten und theoretischen Inputs, sondern vor allem auch durch die interkulturellen Erfahrungen und den intensiven Austausch zwischen den Studierenden.
„Die Veranstaltung zeigte eindrucksvoll, wie wichtig praxisorientiertes Lernen, internationale Zusammenarbeit und nachhaltiges Bauen sind. Sie hat einmal mehr verdeutlicht, dass das Bauwesen einen entscheidenden Beitrag zu einer klimafreundlichen und nachhaltigen Zukunft leisten kann – je globaler das Netzwerk desto mächtiger der Impact“, Dr. Oliver Bletz-Mühldorfer, Labor für Holzbau