Tag 2 | 19.08.2020: Radfahren macht Spaß – wenn es die Infrastruktur ermöglicht

Die zweite Tagestour startete bei bestem Wetter am Bahnhof in Oberursel und wir wurden von engagierten Repräsentanten der Mittelstadt empfangen. Das städtebaulich attraktive und aufgewertete Bahnhofsareal zeigte laut Stadtrat Christof Fink eindeutig, was der infrastrukturelle Ausbau bewirken kann. Die überdachten, gut einsehbaren und stark frequentierten Stellplatzanlagen zeigen diesen Zusammenhang eindrücklich. Das vorhandene Infrastruktur für Radfahrer auch genutzt wird, wenn Sie denn da ist, zeigt auch das nur etwa 300 Meter lange aber vier Meter breite Teilstück eines asphaltierten Radweges, der in Zukunft auch weiterhin ausgebaut werden soll. Insbesondere die Verkehrssicherheit für Rad fahrende SchülerInnern konnte in den Stoßzeiten damit seit dessen Einweihung deutlich erhöht und Gefahrenpotentiale an der Gleisquerung abgemildert wurden, so Uli Molter und Sandra Portella von der städtischen Verkehrsplanung. Der Frage, wie einerseits Ängste genommen werden können und andererseits der Mehrwert besser vermitteltet werden kann, geht die Stadt Oberursel aktuell aktiv und in Kooperation mit der Hochschule RheinMain nach. Dazu wurde die neue Plattform für integrierte Mobilität in Oberursel (kurz: Pimoo) ins Leben gerufen, die als umfangreiches Bürgerbeteiligungsverfahren versucht partizipativ Visionen und strategische Ziele für das Oberurseler Verkehrssystem zu erarbeiten.

Nach einer kurzen Pause beim Bäcker und ein bis zwei Snacks pro Person ging es weiter in Richtung Kriftel, wo wir in der Liegerad-Manufaktur HP Velotechnik, obwohl deutlich verspätet, herzlich empfangen wurden. Unsere technische Navigationshilfe hatte uns unterwegs stellenweise im Stich gelassen und die hohen Temperaturen unser Tempo reduziert. Der Ausfall machte der Technik machte auch deutlich: eine flächendeckende Beschilderung und nutzerfreundliche Radwegenetze sind alles andere als die Regel. Doch angekommen bei HP Velotechnik wurden die Strapazen des Hinwegs sofort zerstreut und waren vergessen, nachdem uns Daniel Pulvermüller, einer der Begründer des Unternehmens, sowie der Pressesprecher Alexander Kraft eine Probefahrt auf den äußerst komfortablen, windigen und dreirädrigen Fahrrädern eine Spritztour auf dem Firmengelände drehen ließen. Ursprünglich in den frühen 90er Jahren als Synthese der besten Eigenschaften von Rad und Auto konzipiert, zeigen die Modelle auch heute noch anschaulich, wie der Radverkehr auch in Zukunft Mobilitätslösungen für sämtliche Mobilitätsbedürfnisse abbilden können, wenn die infrastrukturelle Rahmenbedingungen die Nutzung von entsprechenden Fahrzeugen zulassen. Wir konnten hier deutlich feststellen: so vielseitig kann das Radfahren sein.

Das Radfahren Spaß machen kann konnten wir am nächsten Stopp in Kelsterbach am eigenen Leibe erfahren. Hier trafen wir auf die Firma Sigo, vorgestellt durch den CEO des Unternehmens, Tobias Lochen, der uns die gerade erst neu installierte Mobilitätstation stolz präsentierte. Hier können die Quartiersbewohner der Liegenschaft der Nassauisches Heimstätte, vertreten durch Herrn Tobias Bundschuh, seit neuestem elektrifizierte Lastenräder ausleihen, die gegen einen geringen Obolus eine Fahrt mit dem Pkw problemlos ersetzen können. Und die ebenfalls Spaß machen! Nachdem einige kleine und große Kinder gesehen hatten, wie viel Spaß man mit den elektrischen Rädern haben kann, war der Andrang groß und Tobias Lochen damit beschäftigt Kinder in das Lastenrad ein- und auszuladen und Spritztouren zu machen – sichtlich ebenfalls amüsiert. Doch noch sind derartige Kooperationen zwischen Wohnungsgesellschaften und Mobilitätsdienstleistern eher selten vertreten und abhängig von den Geschäftsmodellen der Wohnraumanbietenden. Tobias Lochen ist sich dennoch sicher: das Modell hat Zukunft und elektrifizierte Lastenräder im Sharing-Betrieb werden in naher Zukunft sich weiter etablieren und insbesondere in Ballungszentren eine attraktive Mobilitätslösung darstellen, für deren Anwendung die gesetzlichen Weichen gestellt werden müssen.

Mit ein paar Erfrischungsgetränken am Kelsterbacher Mainufer endete dann auch unsere zweite Tour durch das Rhein-Main-Gebiet, da der folgende Tag für einige der Beteiligten eine besondere Herausforderung werden sollte.

Tag 3 | 20.08.2020: Zweitausend Höhenmeter, zweihundert Kilometer, zwei Reifenpannen und eine Vollsperrung