Gehwegparken statt Garagenparken

Beispiel Fehlnutzung von öffentlichem Straßenraum in Darmstadt-Arheilgen. © Prof. Dr. Volker Blees | Hochschule RheinMain.

© Prof. Dr. Volker Blees | Hochschule RheinMain.

Mobilitätswissenschaftler:innen der Hochschule RheinMain (HSRM) haben in einer Fallstudie festgestellt, dass zwei Drittel der im öffentlichen Raum abgestellten Kraftfahrzeuge in Garagen oder privaten Stellplätzen geparkt werden könnten. Gründe für dieses Verhalten gibt es der Studie nach viele, Lösungsansätze aber ebenfalls.

„In der aktuellen Debatte um die Nutzung des öffentlichen Raums stehen unter anderem parkende Autos in der Kritik, weil sie viel Fläche in Anspruch nehmen. Ein Teilaspekt davon ist, dass Pkw im öffentlichen Raum parken, obwohl für sie ein Stellplatz im privaten Raum zur Verfügung steht“, erklärt Prof. Dr. Volker Blees vom Studiengang Mobilitätsmanagement. Ein solches Parkverhalten sei zwar straßenverkehrsrechtlich legal, es widerspreche aber generellen stadt- und verkehrsplanerischen Zielsetzungen, den öffentlichen Raum als Aufenthalts- und Verkehrsraum möglichst vielen Menschen zur Verfügung zu stellen. Es sei daher als Fehlnutzung des öffentlichen Raums einzuordnen. „Diese Fehlnutzung ist insbesondere dann problematisch, wenn sie zur Beeinträchtigung anderer Verkehrsteilnehmender führt, beispielsweise indem verbotenerweise auf Gehwegen geparkt wird“, so Prof. Dr. Blees.#

Experimentelle Fallstudie in Darmstadt-Arheilgen

In welchem Umfang derartige Fehlnutzungen vorkommen, ist bisher weitgehend unerforscht. Die Mobilitätsexperten:innen der HSRM haben daher im Rahmen einer Fallstudie das Ausmaß der Fehlnutzungen am Beispiel definierter Straßenzüge in Darmstadt-Arheilgen abgeschätzt. Mit Hilfe eines experimentellen Designs wurde das Parkverhalten im Normalzustand mit dem Parkverhalten in einer Sondersituation (Fastnachtsumzug) verglichen, in der temporär auf Straßenabschnitten von insgesamt vier Kilometern Länge ein Haltverbot eingerichtet war. Die Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass für rund zwei Drittel der auf den untersuchten Straßen parkenden Pkw Stellplätze auf privaten Grundstücken zur Verfügung stünden, im Regelfall aber nicht genutzt werden. Fehlnutzungen machten somit einen erheblichen Teil des ruhenden Kfz-Verkehrs aus. „Im Untersuchungsgebiet ist dies insofern besonders problematisch, als illegales und zum Teil behinderndes Gehwegparken in mehr als der Hälfte der Straßenabschnitte der Regelfall ist“, sagt Prof. Dr. Blees.

Den Wissenschaftler:innen zufolge sei das Problem in Metropolen größer als auf dem Land; zudem gebe es eine Vielzahl von Gründen für die Fehlnutzung. So würden zusätzliche Kosten vermieden, wenn beispielsweise eine Zweitauto vorhanden sei. Ein weiterer Grund könne sein, dass das vorhandene Auto – beispielsweise ein SUV – nicht in die vorhandene Garage passt. Manche Kfz-Besitzer:innen nutzten ihre Garage als Lagerraum oder das Parken auf der Straße scheine einfach bequemer zu sein.

Breitere empirische Basis schaffen

Das Phänomen müsse nun auch in anderen Städten und Quartierstypen untersucht werden – unter anderem mittels Haushaltsbefragungen –, um eine breitere empirische Basis zu schaffen, erklärt Prof. Dr. Blees. In der Pflicht seien dann die Kommunen, die verstärkt und systematisch planerische, ordnungsrechtliche und kommunikative Aktivitäten starten müssten, um die Nutzung von Stellplätzen im privaten Raum zu forcieren, so Prof. Dr. Blees. „Dies gilt vor allem dort, wo das Parken den Straßenraum dominiert, die Aufenthalts- und ästhetische Qualität des öffentlichen Raums mindert und zu Behinderungen des Fuß-, Fahrrad- und Kfz-Verkehrs führt.“ Die Steuerung des ruhenden Verkehrs müsse auf den Prüfstand und wirksame Instrumente eines integrierten Parkraummanagements müssten für den öffentlichen und den privaten Raum etabliert werden. „Die Ergebnisse zeigen, dass zum Beispiel eine Erhöhung der Stellplatzrichtzahlen in den Stellplatzsatzungen nicht geeignet ist, um die Straßen vom Parkdruck zu entlasten, da mit der Stellplatzbaupflicht keine Nutzungspflicht einhergeht“, erklärt der Verkehrswissenschaftler.

Die komplette Fallstudie ist steht unter folgendem Link zum Download zur Verfügung.