VIDEO-PRODUKTION IM HOMEOFFICE – EINFACHE WEGE ZUR EFFEKTIVEN UNTERSTÜTZUNG DER LEHRE

Ein Erfahrungsbericht von Herrn Prof. Dr. Thomas Kolb (Wiesbaden Business School)

Zu Beginn war schnelles Handeln gefragt. Aufgrund der unklaren Infektionslage herrschte einerseits eine große Unsicherheit, ob Präsenzveranstaltungen durchgeführt werden könnten, andererseits stand der Semesterbeginn vor der Tür. Mein Entschluss stand schnell fest: Einen Großteil meiner Veranstaltungen wollte ich als Video-Podcast abbilden und diese den Studierenden offline über eine noch zu findende Video-Plattform zur Verfügung stellen.

Zunächst war die Frage der technischen Ausstattung, also der Hardware, zu klären. Erfreulicherweise stehen uns heute mehr technische Realisationsmöglichkeiten zur Verfügung als den Astronauten der ersten Mondlandung. Ich entschied mich für eine Aufzeichnung aller Lehrveranstaltungen mit Hilfe meines iPads; doch ohne Probleme hätte ich das gleiche Resultat auch mit meinem iPhone erreicht. Der Einsatz eines iPads hatte jedoch den Vorteil, dass man bei Verwendung der Selfie-Kamera dieses Bild zugleich als ausreichend großes Abbild der Aufnahme bzw. zur Darstellung von Online-Sessions via WebEx nutzen kann. Da ich als Hobby-Musiker zudem über Instrumenten- und Mikrofonstative mit entsprechenden iPad-Halterungen verfüge, war das Aufnahmeequipment schnell zusammengestellt. Für die Präsentation der Lehrinhalte nutzte ich zunächst ein kleines Whiteboard (ca. 90 x 90 cm), das mit 2 Haken an einem Regal meines Arbeitszimmers befestigt wurde. Die nur im ersten Anschein problematische Ausleuchtung der Aufnahmeszenerie wurde mit Hilfe eines einfachen Halogen-Baustrahlers (120 Watt Leistung) gelöst. Auch in der folgenden Zeit habe ich an diesem Equipment festgehalten und lediglich Optimierungen vorgenommen. Sie ergänzte ich das iPad um ein Lavalier-Ansteck-Mikrofon, um den Raumhall im Aufnahmeton zu vermeiden und vergrößerte die Präsentationsfläche durch Anschaffung eines neuen Whiteboards (150 x 90 cm). Der Versuch, die Ausleuchtung mittels eines LED-Baustrahlers zu verbessern scheiterte leider, da die Auto-Fokus-Funktion des iPads nicht mit dem frequenzbereinigten Licht des LED-Baustrahlers harmonierte.

Zu Beginn des 2. Corona-Semesters optimierte ich nicht nur meine Lehrmethoden und Lehrinhalte, sondern auch das eingesetzte Equipment schließlich noch einmal. Insbesondere für die Unterstützung der Online-Sessions via WebEx wurden ein 65-Zoll-Flatscreen, ein Bühnenscheinwerfer auf LED-Basis sowie eine WebCam der Firma Logitech (HD-Format 1080 mp mit Stereomikrofonen) angeschafft. Bei reinen Diskussionen, Online-Sessions mit Einsatz von freigegebenen PowerPoint-Folien oder TV-Interviews leistet ein einfacher schwarzer Fotografenvorhang zudem sehr gute Dienste.

Ergänzendes Material für die Studierenden

Einen großen Raum nahmen immer wieder Überlegungen ein, wie das Lehrangebot wirklich HYBRID gestaltet werden kann. Primäres Ziel hierbei ist es, den Studierenden motivierende und nicht langweilende Formate und Inhalte zu bieten. Meine berufliche Erfahrung mit never-ending-discussions im Präsenzformat sollte auf keinen Fall 1:1 in die digitale Welt übertragen werden. Also musste sich die Dauer der Videoclips vorzugsweise an der Aufmerksamkeitsspanne der Zuschauer orientieren. Auch wenn die Vorlesungs-Slots der Präsenzveranstaltungen in normalen regulär 90 Minuten dauern, ist an dieser Stelle zu resümieren, dass eine kürzere und konzentriertere Darstellung des Lernstoffs einen wesentlichen Erfolgsfaktor der Wissensvermittlung darstellt.

Probleme

Selbstverständlich wurde auch die Hochschule im Hinblick auf ihre technischen Möglichkeiten von der Pandemie überrascht. Als primär präsenzorientierte Hochschule lenkt man bisher die Ressourcen eher in die technische Ausstattung der Hörsäle und die technische Infrastruktur und weniger in Ansätze des Blended-Learnings oder der Online-Lehre. Eine zweite sehr große und eigentlich banale Herausforderung bestand darin, die Betrachter meiner Videos und Online-Sessions im wahrsten Sinne des Wortes nicht zu blenden! Die verwendeten Lichtquellen (egal ob Halogen oder LED) wurden auf den Whiteboards reflektiert und führten so zu einem Blend- und Überbelichtungseffekt. Dies konnte durch entsprechende Einstellung der Scheinwerfer zur indirekten Beleuchtung (Zimmerdecke) oder die simple Verwendung eines Flipchart-Bogens mit dem Titel der Veranstaltung zur Abdeckung der reflektierenden Stelle des Whiteboards vermieden werden.

Software

Softwareseitig konnte mit bereits vorhandenen „Bordmitteln“ der Betriebssysteme MS-Windows 10 und Apple-IOS gearbeitet werden. Beide bieten sehr gute Tools zum Aufzeichnen, Schneiden und Verpixeln der Videos. Lediglich für die nachträgliche Korrektur der Aufnahmelautstärke musste ein ergänzendes Tool beschafft werden, das jedoch gratis im Web zur Verfügung steht.

Für die Aufzeichnungen wurden die Video-Funktion des iPad/iPhone verwendet. Mit Hilfe von MS-Office wurden komplexe Sachverhalte auf Folienbasis nachträglich vertont. Im Fall von notwendigen Darstellungen einzelner Abläufe (z.B. der Nutzung eines Online-Tools) konnte auf das in MS-Windows10 enthalte Xbox-Tool zurückgegriffen werden. Vereinfacht gesagt „schaut man dem Anwender mit dessen Hilfe über die Schulter“ und zeichnet die Bewegungsabläufe fensterorientiert als Videosequenz – wahlweise mit Ton – auf.

Für die Schneidearbeiten boten sowohl MS-Windows 10, als auch Apple-IOS entsprechende Foto/Video-Funktionen.

Für das Zusammensetzen einzelner Video-Streams (z.B. als Kombination aus Aufnahme und Mitschnitt mittels Xbox-Tool) stand der MS-Windows Video-Editor zur Verfügung. Mit dessen Hilfe wurde auch ein entsprechender Copyright-Hinweis vor jedem Video eingemischt.

Im seltenen Fall einer zu geringen/zu hohen Aufnahmelautstärke wurde der FreeVideoVolumeBooster als freies Tool aus dem Web genutzt, der mit nur wenigen Klicks ein schnelles und unkompliziertes Steigern oder Absenken der Tonspur eines Videos ermöglicht.

Feedback/Resultate

Am Ende steht die Betrachtung des Erfolgs und erfreulicherweise äußerten sich die Studierende fast ausnahmslos positiv zur hybriden Mischung der Lehre. In Bezug auf die Videos wurde primär der zeitlich selbstgesteuerte Konsum und die Möglichkeit zu beliebigem Zurückspulen genannt.

Hervorgehoben wurde auch die sinnvolle Durchmischung der Video-Präsentationen mit Live-Sessions, um Verständnisfragen zu äußern oder einfach ein wenig den Eindruck von Präsenz und hiermit verbundener sozialer Interaktion zu simulieren.

Für mich als Lehrenden fällt das Fazit durchweg positiv aus und allen Unkenrufen zum Trotz haben sich die Studierenden sehr gut mit der Situation arrangiert und ihre Noten haben sich fast durchgängig um eine Notenstufe verbessert. Derzeit arbeite ich an einem Ausbau der digitalen Prüfungsformate. Doch wie so oft in meiner beruflichen Laufbahn gibt es dabei mehr Bedenkenträger als Supporter!

Zudem versuche ich direkt in die Videos Feedback-Schleifen einzubauen.

Doch auch wenn die hybride Mischung des Lehrstoffs gut ankam, möchte ich den persönlichen Kontakt mit den Studierenden nicht missen und freue mich bereits heute auf die Rückkehr zum Präsenzbetrieb. Allerdings wird meine Lehre in der Nach-Corona-Zeit nicht mehr so sein wie vorher. Wertvolle Teile im Sinne des Blended-Learning-Ansatzes werde ich übernehmen.

 

Wir danken Herrn Prof. Dr. Kolb für die Bereitstellung seines Erfahrungsberichts.

Sie möchten ebenfalls Ihre Erfahrungen als Best Practice mit anderen teilen?

Nehmen Sie Kontakt mit uns auf: digitale-lehre(at)remove-this.hs-rm.de