Starthilfe für das Leben in Deutschland

Abdulelah und Verena spielen Dris. © Silke Bartsch

Als bekannt wurde, dass direkt neben der Hochschule RheinMain am Campus Kurt-Schumacher-Ring, Flüchtlinge in der August-Hermann-Francke-Schule untergebracht werden, organisierten Vertreterinnen und Vertreter des Allgemeinen Studierendenausschusses ein erstes Treffen. Circa 80 Studierende diskutierten, welche Art von Hilfe sie anbieten könnten. Nach weiteren Treffen fiel die Entscheidung auf ein wöchentliches Begegnungscafé, um dort herauszufinden, welche Bedürfnisse die Geflüchteten wirklich haben.

"Yalla yalla! Los geht´s!" Verena und Abdulelah zeichnen vier Linien auf ein Blatt Papier und setzen Spielhütchen darauf. Jeden Donnerstagabend spielen sie Dris, ein Spiel, das Abdulelah (28) aus seiner Heimat Syrien mitgebracht hat. "Er gewinnt fast immer, deswegen muss ich ihm bald ein Geschenk mitbringen. Ich werde ein Fotoalbum für ihn machen, falls er von Wiesbaden aus in eine andere Stadt ziehen muss", sagt Verena De Luca (20) Kommunikationsdesignstudentin, die mit zehn anderen Studierenden der Hochschule RheinMain das wöchentliche Begegnungscafé organisiert.

"Ein Seminarraum wurde uns vom Präsidenten der Hochschule zur Verfügung gestellt, Professoren haben uns Geld in die Hand gedrückt, damit wir für Verpflegung sorgen konnten. Dann sind einige von uns in die Unterkunft gegangen und haben Werbung für das Begegnungscafé gemacht", erzählt Richard Hauptmeier (28), Student der Sozialen Arbeit.

Neue Freundschaften

"Das erste Begegnungscafé war ziemlich aufregend", sagt Jörn Metzler (27). "Wir wussten nicht, wer kommen würde und ob überhaupt jemand kommt. Doch dann kamen gleich beim ersten Mal 50 Leute, vor allem junge Männer und einige Familien mit Kindern." Für Jörn ist dies nicht die erste Aktion, die er unterstützt. Er war bereits im August mit anderen Studierenden der Sozialen Arbeit auf der italienischen Insel Lampedusa, half dort den Flüchtlingen und suchte dann nach einer Möglichkeit sich auch in Wiesbaden zu engagieren.

Im Begegnungscafé traf er Halid (23) aus Syrien, von dem er mittlerweile "my teacher" genannt wird. Jörn brachte Halid in den vergangenen Wochen das Schwimmen bei. Einmal wöchentlich gingen die beiden zusammen in das Schwimmbad Kleinfeldchen. Für Halid, so Jörn, trage der Schwimmunterricht zur Traumabewältigung bei, denn so wie viele andere, fuhr auch Halid in einem Schlauchboot über das Mittelmeer - und das ohne schwimmen zu können. Halid ist seit drei Monaten in Deutschland. Er freut sich über die Möglichkeit zum Begegnungscafé gehen zu können, denn hier kann er Spaß haben, entspannen und neue Freunde finden. Er würde gerne Deutsch lernen und wie in seiner Heimat Syrien als Krankenpfleger arbeiten. Nicht nur Halid hat in Jörn einen neuen Freund gefunden.

Emilie Aucello (20), Studentin der Sozialen Arbeit, hat sich mit Zwillingsschwestern angefreundet, die zum Begegnungscafé gekommen sind. "Wir haben sehr viel miteinander unternommen. Wir haben zusammen gekocht, uns regelmäßig getroffen und auch zusammen Silvester gefeiert. Leider mussten Marwa und Safa vor kurzem mit ihrer Familie nach Dieburg ziehen, sodass wir uns nicht mehr so oft sehen können", sagt Emilie. Damit der Kontakt aufrechterhalten wird, fährt sie jetzt regelmäßig nach Dieburg, um die Schwestern zu besuchen.

Begegnungen gesucht

Während einige Schach spielen, andere Karaoke singen und tanzen, läuft Radir Dasan von einer Gruppe zur anderen und hilft bei der Verständigung untereinander. Die 25-Jährige studiert an der Hochschule RheinMain Bauingenieurwesen und spricht Arabisch. Sie kann gut verstehen, wie sich die Flüchtlinge fühlen. Auch ihre Eltern, Palästinenser, mussten aus ihrer Heimat fliehen. "Für mich ist es sehr emotional das hier mitzuerleben. Teilweise erzählen die Flüchtlinge von ihrer Reise hierher, auf der sie zum Teil auch Morde miterlebt haben. Ich möchte ihnen hier eine Starthilfe für das Leben in Deutschland geben, indem ich mit ihnen Deutsch übe. Hier zu sein, erfüllt mich sehr, ich verpasse ungerne einen Donnerstagabend", sagt Radir.

Momentan sucht das Organisationsteam Studierende, die mitwirken möchten. Auch externe Interessierte, die im Begegnungscafé Kontakte knüpfen möchten, sind herzlich eingeladen. Sie können sich mit einer E-Mail an fluechtlingshilfe(at)remove-this.hs-rm.de beim Organisationsteam melden.