Kurzinterview mit Prof. Georg Windeck

Prof. Georg Windeck © Nikos Katsaros

Prof. Georg Windeck übernahm zum 1. März 2024 die Professur Entwerfen und Konstruieren für Raum, Inszenierung, Design im Fachbereich Design Informatik Medien der Hochschule RheinMain (HSRM). In Berlin studierte er Architektur an der Technischen Universität sowie parallel Bildhauerei an der Hochschule der Künste, seit 2002 ist er Mitglied der Architektenkammer Berlin. Nach seinem Studienabschluss nahm er eine Lehrtätigkeit an der Irwin Chanin School of Architecture der Cooper Union in New York auf, wo er 17 Jahre lang in den Schwerpunkten Entwerfen, Baukonstruktion, Baugeschichte und Architekturtheorie tätig war. Zudem lehrte er an der School of Visual Arts in New York und am Illinois Institute of Technology in Chicago. Parallel zu Lehre und Forschung arbeitete er als freischaffender Architekt und Innenarchitekt, wobei er sich insbesondere mit dem innovativen Aus- und Umbau historischer Bauten beschäftigte. 2009 legte er sein Staatsexamen als Registered Architect im US-Bundesstaat New York ab, seit 2010 ist er LEED-akkreditierter (Leadership in Energy and Environmental Design), staatlich zertifizierter Experte für nachhaltiges Bauen.

Welcher Aspekt fasziniert Sie an Ihrer Forschung am meisten?

Die künstlerische Ausformulierung von dem, was technisch möglich ist, bestimmt meine Arbeit, sowohl in der Lehre als auch in der Berufspraxis. Erfindungen in Baumaterialien und Fügungstechniken können neue Formen und Räume suggerieren. Das kreative Bauen ist ein kontinuierlicher Dialog zwischen dem, was gestalterisch erreicht werden soll, und dem, was technisch möglich ist. Beides beeinflusst sich in einer gegenseitigen Wechselwirkung.

Was macht für Sie gute Lehre aus?

Dass man die Student:innen dabei unterstützt, herauszufinden, was sie selbst mit ihrer Arbeit erschaffen wollen. Die Hochschulbildung hat meiner Ansicht nach nicht die Aufgabe, den Student:innen beizubringen, wie man etwas richtig zu machen hat. Das wäre ja zwangsläufig schon veraltet, wenn sie ihr Studium beenden, da sich unsere Technologien und Lebensformen rasant entwickeln. Vielmehr ist es wichtig, eine Art des Denkens zu etablieren: Wie geht man an Aufgaben gestalterisch und technisch heran, innerhalb der Möglichkeiten, die einem zur Verfügung stehen? Wie arbeitet man strategisch auf das hin, was man erreichen möchte? Und wie schafft man es, zielbewusst für das zu kämpfen, wovon man träumt, und bleibt gleichzeitig flexibel genug, Schwachstellen im eigenen Werk zu erkennen?

Welchen Berufswunsch hatten Sie als Kind?

Ich wollte Archäologe werden. Mich haben Ruinen fasziniert, besonders die Überreste von Bauwerken der Antike. Ich habe versucht, mir die von den Steinresten angedeuteten Räume vorzustellen, mit all den fantastischen Geschichten von dem, was sich in ihnen zugetragen hat. Das hat mich begeistert und prägt mich noch heute. Wenn wir Bauten entwerfen, tun wir ja letztendlich nichts Anderes: Wir stellen uns Räume vor und erzählen Geschichten von dem, was sich in ihnen zutragen soll. Es ist unsere Aufgabe, den gebauten Lebensraum mit Faszination und Magie zu füllen, die über die reine Zweckmäßigkeit der Aufgabe hinausgeht.

Wie finden Sie einen Ausgleich zur Arbeit?

Meine Arbeit erfüllt mich, ich benötige keinen Ausgleich zu ihr. Natürlich ist es mir wichtig, Zeit mit meiner Familie zu verbringen und mich um meine körperliche Verfassung zu kümmern. Das sehe ich aber als weitere Aspekte meines Daseins, nicht als Ausgleich zu meiner beruflichen Tätigkeit. Der momentan so populäre angloamerikanische Begriff der Work-Life-Balance ist besonders für Student:innen verwirrend. Er suggeriert eine Polarität zwischen Arbeit und Leben: Je mehr man arbeitet, umso weniger lebt man sozusagen. Das halte ich für Unfug. Das Schöne an dem deutschen Wort Beruf ist ja, dass man mit seinem Leben das tut, was einen „ruft”. Und gerade deswegen freue ich mich auch so sehr über die Berufung zum Professor an der Hochschule RheinMain.