Aus der Ukraine nach Wiesbaden

Prof. Dr. Wedde mit Prof. Dr. Vilchyk und Prof. Dr. Nesterenko am Campus Bleichstraße/Bertramstraße der HSRM © Hochschulkommunikation | Hochschule RheinMain

Die ersten ukrainischen Gastwissenschaftlerinnen aus Kiew und Charkiw wurden vorgestern am Campus Bleichstraße/Bertramstraße der Hochschule RheinMain (HSRM) begrüßt. Im Rahmen des Fellowship-Programms werden bis zu vier Wissenschaftler:innen aus den Bereichen Wirtschaft und Recht ihre Arbeit kurzfristig für sechs Monate am Fachbereich Wiesbaden Business School fortsetzen.

Die Juristin Prof. Dr. Tetiana Vilchyk lehrte Anwaltsrecht an der Universität Charkiw, bis sie sich zwei Tage nach Kriegsausbruch entschloss mit der Familie die Stadt Richtung Westukraine zu verlassen. In Lemberg (Lwiw) angekommen mussten sie und ihre Mutter – die männlichen Verwandten waren wieder zurückgefahren, die Tochter reiste weiter in die Karpaten – zwei Nächte am völlig überfüllten Bahnhof ausharren, bis sie 24 Stunden per Bus nach Dresden fahren konnten. Von dort brachte sie ein befreundeter Kollege von Prof. Dr. Rainer Wedde vom Fachbereich Wiesbaden Business School mit dem Auto nach Wiesbaden. „Ich bin Prof. Dr. Wedde sehr dankbar für die gesamte Organisation. Mitte Dezember haben wir uns noch bei einer Konferenz meines Lehrstuhls in Charkiw zur Zukunft der Anwaltschaft in der Ukraine ausgetauscht“, erzählt Prof. Dr. Vilchyk, die noch immer Angst bekommt, wenn sie Flugzeuge am Himmel sieht.

Intellektuelles Potenzial erhalten

Prof. Dr. Galina Nesterenko hatte ursprünglich nicht vor, Kiew zu verlassen, aber ihre Tochter weinte wegen der Explosionen und weil sie nachts oft aus dem 20. Stock in den Keller rennen mussten. Zunächst fuhren sie in die Westukraine, in der Hoffnung, dass der Krieg in ein paar Tagen vorbei sein würde und sie nach Hause zurückkehren könnten. Doch als es auch dort täglich Luftalarm gab, folgten sie einer Einladung von Freunden nach Polen. Wegen der überfüllten Grenzen bei Lemberg nahmen sie den Weg über die Slowakei. „Ich wollte einen Ort finden, an dem ich weiter arbeiten und nützlich sein kann“, sagt Prof. Nesterenko. Ein Kollege in Kiew erzählte ihr von dem Fellowship-Programm des Fachbereichs Wiesbaden Business School, und so kam sie von Polen nach Wiesbaden.

„Informationsmanagement ist sehr wichtig, vor allem in Kriegszeiten“, sagt die Managementexpertin, die 10 Jahre lang Leiterin des Lehrstuhls für Innovation und Informationsaktivitäten im Bildungswesen an der Universität Kiew war. Daher halte sie die Initiative des Fachbereichs Wiesbaden Business School, ukrainischen Wissenschaftler:innen zu helfen, ihre intellektuelle Arbeit trotz des militärischen Einmarsches in der Ukraine fortzusetzen, für sehr wichtig und wertvoll. Diese trage dazu bei, das intellektuelle Potenzial des Landes zu erhalten.

In den kommenden Tagen werden noch zwei weitere Professor:innen aus der Ukraine am Fachbereich erwartet. „Wir konnten zum Glück sehr rasch agieren und innerhalb weniger Tage die Zusagen versenden. Da haben Fachbereich und Hochschulleitung sehr gut zusammengearbeitet. Perspektivisch wollen wir aus den Fellowships langfristige Kooperationen aufbauen“, sagt Prof. Dr. Wedde.