DIALOG IM MUSEUM #12: Die Salons der Republik – Räume für Debatten

Prof. Dr. Thomas Heimer, wissenschaftlicher Leiter IMPACT RheinMain, Andrea Jürges, Stellvertretende Direktorin Deutsches Architekturmuseum, Prof. Dr. Kristina Sinemus, Hessische Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung, Prof. Dr. Eva Waller, Präsidentin der Hochschule RheinMain, Prof. Holger Kleine, Professor für Künstlerisch-Konzeptionelles Entwerfen, Hochschule RheinMain, Sandra Speer, Projektkoordinatorin IMPACT RheinMain (v. l.) © Moritz Janisch

Prof. Dr. Kristina Sinemus, Hessische Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung, während ihrer Rede im Deutschen Architekturmuseum (DAM) © Moritz Janisch

Prof. Dr. Eva Waller, Präsidentin der Hochschule RheinMain (DAM) © Moritz Janisch

Das erste Mal seit einem Jahr begrüßte Andrea Jürges, stellvertretende Direktorin des Deutschen Architekturmuseums (DAM), am gestrigen Abend ein kleines Publikum anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Die Salons der Republik“ im DAM in Frankfurt. Dier Vernissage wurde gleichzeitig von über 200 Teilnehmenden im Live-Stream verfolgt. Initiiert und organisiert von Prof. Holger Kleine, Professor für Künstlerisch-Konzeptionelles Entwerfen an der Hochschule RheinMain und durch IMPACT RheinMain im Rahmen des Teilvorhabens DIALOG IM MUSEUM, zeigt die Ausstellung Entwürfe von Studierenden für eine neue Form des Bürgerforums, dessen Innenräume der schwindenden Dialogfähigkeit im öffentlichen Diskurs entgegenwirken sollen. Die Ausstellung zeigt Entwürfe für Berlin und Frankfurt, insbesondere Letztere greifen in eine drängende aktuelle Debatte um die Pläne für ein Haus der Demokratie auf dem Frankfurter Paulsplatz ein und die Frage, wie dessen Bedeutung für die deutsche Demokratie auch in Zukunft vermittelt werden kann. Wie groß die politische Bedeutung der studentischen Entwürfe für das Wohlbefinden der Demokratie nicht nur in Deutschland ist, das machten die Beiträge der hochkarätigen Rednerinnen und Redner des Abends deutlich.

Zu den Gästen vor Ort, darunter einige der Studierenden selbst, sprachen Prof. Dr. Eva Waller, Präsidentin der Hochschule RheinMain, David Dilmaghani, Leiter des Dezernatsbüros Kultur und Wissenschaft der Stadt Frankfurt am Main, Prof. Dr. Kristina Sinemus, Hessische Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung, Prof. Dr. Thomas Heimer, Professor für Innovations- und Projektmanagement und wissenschaftlicher Leiter des Projekts IMPACT RheinMain sowie Prof. Holger Kleine. 

Demokratisierung und Austausch in der Wissenschaft

Prof. Waller betonte in ihrem Redebeitrag die Bedeutung des Austauschs für eine Demokratisierung der Wissenschaft, wie sie von der Hochschule in deren dialogischem Transferansatz angestrebt werde: „So verfolgen wir das Ziel, dass Mitglieder der Zivilgesellschaft und der Unternehmen bereits bei der Definition von Forschungsproblemstellungen einbezogen werden.“ Die Zusammenarbeit mit dem DAM als Schaufenster bietet in diesem Zusammenhang immer wieder Gelegenheit für milieuübergreifenden Austausch. Wie dieser auch in Zukunft gelingen kann, ist einem Beitrag im ausstellungsbegleitenden Katalog zu entnehmen. Prof. Heimer bekräftigte Prof. Wallers Ausführungen und verwies auf die Notwendigkeit der Entwicklung von Hochschulen weg von reinen Orten der Forschung und Lehre hin zu Orten für Diskurse über gesellschaftliche Fragestellungen: „Ich bin der festen Überzeugung, wir können, wenn wir den Diskurs mit der Zivilgesellschaft führen, […] eine Transformation realisieren, die den Wünschen der Menschen auch in der Zukunft entspricht.“

Das demokratische Erbe nicht nur erhalten, sondern mit Leben füllen

Welche Bedeutung die Stadt Frankfurt nicht nur als Handels- und Messestadt für den Umschlag von Waren, sondern auch als Ort der ersten Nationalversammlung für den Austausch von Argumenten und Positionen hat, darauf wies David Dilmaghani eindrücklich hin. In den „durchweg interessanten und manchmal kühnen“ Entwürfen der Studierenden sieht er Beiträge zur Debatte „wie mit dem demokratischen Erbe in Deutschland sinnvoll umzugehen ist“. Dilmaghani lobte den zukunftsweisenden Charakter der Entwürfe, die das demokratische Erbe nicht, wie allzu oft zu beobachten sei, als Gegebenes hinnehmen, sondern aktiv und im wahrsten Sinne mit Leben füllen.

Kontroverse Vielfalt im Miteinander von analoger und digitaler Welt

Prof. Sinemus wies darauf hin, wie tief greifend der Einfluss der Digitalisierung auf die Veränderung der Diskurskultur sei, was nicht zuletzt während der Corona-Pandemie deutlich geworden sei. Zwar böten die digitalen Medien neue positive Möglichkeiten für den politischen Austausch, darüber dürften Polarisierung und Spaltung durch Hatespeech, Filterblasen und Fake News jedoch nicht vergessen gehen. Die Ausstellung sieht sie in diesem Zusammenhang als wohltuend Kontrapunkt: „Ich selbst finde die Ausstellung deshalb so wertvoll, weil die Notwendigkeit neuer Räume für den demokratischen Dialog so beherzt erkannt und angegangen worden ist. Daher gibt die Ausstellung eine intellektuelle, aber auch eine ganz konkrete Grundlage für die Wiedererlangung gesellschaftlicher Kohärenz, die Verständnis schafft statt Ablehnung, die versöhnt statt spaltet, die zusammenführt statt trennt.“ Dies auch politisch umzusetzen stellt das Digitalministerium vor neue Aufgaben, die Ministerin Sinemus bestrebt sei anzugehen.

„Wenn Deutschland öffentlicher Raum sagt, meint das meistens den Außenraum.“

Prof. Kleine machte in seinem einleitenden Beitrag zur Ausstellung auf ein Missverständnis im Nachdenken über öffentliche Räume aufmerksam, das regelmäßig dem Außenraum gegenüber dem Innenraum Vorschub leiste. Aber, so die Überzeugung des Ausstellungsmachers, „gerade Demokratien benötigen funktionierende und animierende öffentliche Innenräume“. Das habe zuletzt die Pandemie gezeigt, jedoch reiche die Diagnose, die als Impuls für die gezeigten Arbeiten angesehen werden muss, weiter zurück: „Schon seit mindestens 20, 30 Jahren spüren wir, wie technologische, aber auch gesellschaftliche Entwicklungen zu einer Fragmentierung des öffentlichen Raums auf eine Weise dazu führen, dass demokratische Praktiken zunehmend unter Druck geraten beziehungsweise verlernt werden. […] Der Beitrag der Architektur muss sein, Orte milieuübergreifender und […] identitätsübergreifender und initiativübergreifender Kommunikation zu stiften.“

Wie solch eine Architektur aussehen kann, davon können sich Besucherinnen und Besucher ab sofort noch bis zum 15. Juli 2021 vor Ort im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt ein Bild machen. Wer den Weg trotz Lockerungen nicht auf sich nehmen kann oder will, kann sich die gesammelten Entwürfe der Studierenden nebst begleitenden und erweiternden Essays im Katalog zur Ausstellung anschauen, der im JOVIS-Verlag erschienen ist und in Shop des DAM zum Vorzugspreis erhältlich ist.

Publikation im Museumsshop

Aufzeichnung der Ausstellungsvernissage

Weitere begleitende Veranstaltungen:

Dienstag, 22. Juni 2021, ab 19.00h, Expertendiskussion: Salons der Republik, online

Dienstag, 13. Juli 2021, ab 19.00h, Straße, Internet, Salon – (k)ein Raum für Debatten, online

Anmeldung unter: www.hs-rm.de/dialog-im-museum