Verkehrsstau mathematisch betrachtet

Prof. Dr. Thomas Lorenz erklärt den Schüler:innen Stau aus mathematischer Sicht © Sandra Peruzzi | Hochschule RheinMain

Wer hat sich noch nicht über die Verzögerungen geärgert, die durch Verkehrsstaus entstehen? Vor allem dann, wenn der Grund für einen Stau gar nicht ersichtlich ist? Und welche mathematischen Modellierungsmöglichkeiten gibt es, die das Phänomen erklären können? Mit diesen Fragen konnten sich vergangene Woche Schüler:innen des Leistungskurses Mathematik der Hofheimer Main-Taunus-Schule auseinandersetzen, die gemeinsam mit ihrem Mathematiklehrer zu einer Schnuppervorlesung bei Prof. Dr. Thomas Lorenz vom Studiengang Angewandte Mathematik auf den Campus in Rüsselsheim eingeladen waren.

Nach einer langen pandemiebedingten Pause war es der erste Besuch einer Gruppe von Schüler:innen im Studiengang Angewandte Mathematik. Sie erfuhren eine Menge über mathematische Modellierung, bezogen auf das Thema Stau. Ausgehend von der Frage, wie man Verkehr mathematisch beschreiben kann, zeigte Prof. Dr. Lorenz zunächst anhand des „Optimal Velocity“-Modells auf, wie man typische Situationen im Autobahnverkehr mit einfach gehaltenen quantitativen Regeln für Simulationen auf dem Computer erschließen kann. Dabei fließen unter anderem subjektive Aspekte wie die für die einzelnen Autofahrer:innen angenehmste Geschwindigkeit sowie die individuelle Fahrstrategie ein. Doch besonders einfache Modelle beschreiben das verbreitete Fahrverhalten auf Autobahnen oft nicht sehr realistisch. Daher sind weitere Aspekte zu berücksichtigen, wie sie zum Beispiel im Fahrzeugfolgemodell nach Gipps beleuchtet werden. Die Vorteile der komplizierteren Modellregeln eröffnen sich in den Simulationen unterschiedlicher Verkehrsbedingungen durch entsprechende Grafiken. Zuletzt lag der Fokus auf dem Phänomen des Stop and Go-Verkehrs. Schon unter vereinfachten Annahmen für nur zwei Fahrzeuge, die sich eine Spur teilen, stößt man bei der mathematischen Modellierung auf Gleichungen, wie sie beispielsweise bei dem harmonischen Oszillator in der Physik auftreten. Die von dort vertrauten Kenntnisse und Anschauungen eröffnen so eine Möglichkeit, Analogien im Straßenverkehr besser zu verstehen.

Die Schüler:innen hatten somit die Möglichkeit, ihnen bekannte Inhalte aus dem mathematischen Schulunterricht, in diesem Fall der Analysis, auf das Anwendungsbeispiel Stau anzuwenden. „Ihr konntet heute sehen, was euch später im Studium erwartet und dass ihr vieles lernt, was ihr später brauchen werdet“, fasste ihr Mathematiklehrer sinngemäß zusammen, worum es bei dieser Schnuppervorlesung ging, als er sich auch im Namen der Schüler:innen für den Besuch bedankte. Für sie war es die letzte Exkursion vor dem Abitur, welches nach den Osterferien geschrieben wird – ein gelungener Abschluss für den Leistungskurs, wie alle Beteiligten fanden.