Wiesbaden, 22. Juni 2025. Die digitale Revolution verändert das Finanz- und Rechnungswesen grundlegend. Technologien wie Künstliche Intelligenz, Automatisierung und digitale Berichterstattung rücken dabei immer stärker in den Mittelpunkt unternehmerischer Entscheidungen.
Mit der zweiten, umfassend überarbeiteten Auflage ihres Standardwerks „Digitale Transformation im Finanz- und Rechnungswesen – Praktische Umsetzung der Automatisierung und Einsatz von KI“ legen Prof. Dr. Christian Fink und Prof. Dr. Markus Faber beim Schäffer-Poeschel-Verlag einen Sammelband vor. Dieser analysiert aktuelle Entwicklungen, zeigt konkrete Praxislösungen auf und setzt damit einen neuen Standard in der Fachliteratur.
Prof. Dr. Dr. Alexander Moutchnik vom CCI-Institut sprach mit den beiden Herausgebern über die Notwendigkeit dieser Neuauflage, die zentralen Themen und die spürbaren Veränderungen seit 2019.
„Die zweite Auflage war eine Pflicht – kein Luxus.“
Alexander Moutchnik: Nur wenige Jahre nach der Erstauflage 2019 erscheint nun eine grundlegend überarbeitete Version des Sammelbands. Was machte diese schnelle Neuauflage unabdingbar?
Christian Fink: Die Notwendigkeit einer zweiten Auflage war für uns nicht nur eine Option, sondern eine absolute Pflicht. Als ich 2019 die erste Auflage zusammen mit meinem Kollegen Oliver Kunath herausbrachte, waren Themen wie Künstliche Intelligenz und Automatisierung im Finanz- und Rechnungswesen zwar schon präsent, steckten aber oft noch in den Kinderschuhen. Die damaligen Diskussionen drehten sich oft um Robotic Process Automation (RPA) oder erste Ansätze von Machine Learning.
Markus Faber: Seitdem haben wir eine exponentielle Entwicklung in den genannten Bereichen erlebt. Insbesondere die Fortschritte bei der Generativen Künstlichen Intelligenz und großen Sprachmodellen – man denke an ChatGPT und ähnliche Systeme – haben das Spielfeld komplett verändert. Diese Technologien ermöglichen eine ganz neue Dimension der Automatisierung und Datenanalyse. Wir sprechen heute nicht mehr nur über die Automatisierung repetitiver Aufgaben, sondern über die intelligente Unterstützung komplexer Entscheidungsprozesse. Solche disruptiven Entwicklungen erforderten eine umfängliche Neuausrichtung und Aktualisierung, um den Lesern ein wirklich zeitgemäßes und zukunftsweisendes Werk an die Hand zu geben. Der Blick auf die globale Wettbewerbsfähigkeit und die Notwendigkeit für Unternehmen, agil zu bleiben, hat diese Aktualisierung zusätzlich befeuert. Im Rahmen meiner Tätigkeit an der Wiesbaden Business School beschäftige ich mich mit Themen rund um Management und digitale Transformation, weshalb ich von meinem Kollegen Christian Fink hinsichtlich der Co-Herausgeberschaft angesprochen wurde und nun Teil des Herausgeberteams für die zweite Auflage bin.
Drei Teile – drei Ebenen der Transformation
Alexander Moutchnik: Die neue Auflage trägt den erweiterten Titel „Praktische Umsetzung der Automatisierung und Einsatz von KI“. Welche Schwerpunkte setzt das Buch?
Christian Fink: Wir bleiben bei der dreiteiligen Gliederung:
- Teil A – „Finanz- und Rechnungswesen als Impulsgeber für die Digitalisierung des Unternehmens“ – legt den Grundstein. Hier geht es nicht mehr nur um die passive Reaktion auf digitale Entwicklungen, sondern darum, wie die Finanzfunktion aktiv den digitalen Wandel im Unternehmen vorantreibt. Wir analysieren, wie sich die Rolle der Digitalisierung auf die Zukunftsfähigkeit von Geschäftsmodellen auswirkt und welche Kompetenzen dafür im Finanzbereich erforderlich sind. Beiträge wie „Controlling digitaler Geschäftsmodelle – Disruption und Resilienzmanagement“ von Marc Muff (BASF Digital Solutions GmbH) oder „Realitätscheck Agilität – Status quo der Finanzfunktion“ von Luise Marie Strasser, Constanze Frank und Marco Marschner (Horváth Management Consulting) zeigen konkret, wie das Finanz- und Rechnungswesen zum Innovationsmotor wird. Es geht um die Transformation von einer reinen Berichtsfunktion hin zu einem strategischen Partner.
- Teil B – „Auswirkungen neuer Digitaltechnologien auf die Prozesse im Finanz- und Rechnungswesen“ – taucht dann tiefer in die operativen Veränderungen ein. Hier steht die Anwendung moderner Technologien im Mittelpunkt. Beispielsweise widmet sich das Kapitel „Einsatz generativer KI im Customer Experience Management“ von Samuel Wenserit (moveXM GmbH), Berrin Özergin (TH Mittelhessen), Volker Spahn (moveXM GmbH) und Till Dannewald (Hochschule RheinMain) einem Bereich, der auf den ersten Blick nicht direkt dem Finanzwesen zugeordnet wird, aber die Relevanz von datengesteuerten Prozessen für die gesamte Wertschöpfungskette unterstreicht. Wir beleuchten, wie Machine Learning, Automatisierung und fortschrittliche Datenanalysen die Prozesse im Controlling, in der Finanzberichterstattung und der Unternehmenssteuerung revolutionieren. Das Kapitel „Integration von KI und Innovation in Geschäftsprozesse: SAP auf dem Weg zum intelligenten Unternehmen“ von Sven Fahn, Tobias Metz und Frank Tiefenbeck (BearingPoint GmbH) bietet zudem einen wichtigen Praxisbezug aus der Sicht eines führenden Softwareanbieters.
- Teil C – „Auswirkungen neuer Digitaltechnologien auf die Facharbeit im Finanz- und Rechnungswesen“ – widmet sich der Abbildung digitaler Technologien im Rechnungswesen. Hier geht es ans Eingemachte der Bilanzierung und Prüfung. Christoph Hütten und Sigrid Schub (SAP SE) behandeln detailliert die Herausforderungen der Umsatzrealisierung in der Softwarebranche. In meinem eigenen Beitrag eruiere ich die komplexen Bilanzierungsfragen in Zeiten des digitalen Wandels, inklusive Apps, Clouds, Domains und Websites im IFRS-Abschluss. Ein brandaktuelles Thema ist die Bilanzierung digitaler (Krypto-)Währungen nach IFRS von Jens Freiberg (BDO AG), die aufgrund der Volatilität und neuen Regularien ständiger Anpassung bedarf. Zudem ist die digitale Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach europarechtlichen Vorgaben (Rüdiger Schmidt, KPMG AG) ein völlig neues und essenzielles Thema, das die Finanzabteilungen massiv beschäftigen wird. Nicht zuletzt beleuchten Jens Berger und Felix Fischer (Deloitte GmbH) die Überlegungen zur Abbildung von KI in den IFRS, was zeigt, wie tiefgreifend die Auswirkungen der KI auf die Rechnungslegung sind.
Markus Faber: Besonders stolz sind wir auf den interdisziplinären Zugang. Wir betrachten KI nicht nur als Tool, sondern im Zusammenspiel mit Innovation, Regulierung, Kompetenzen – und Unternehmensstrategie. Das macht das Buch zu einem praktischen Werkzeug für alle, die an der Schnittstelle von Finance und Digitalisierung arbeiten.
Künstliche Intelligenz, Nachhaltigkeit und neue Autoren
Alexander Moutchnik: Was unterscheidet die zweite Auflage inhaltlich und personell von der ersten?
Markus Faber: Der markanteste Unterschied liegt in der tiefergehenden Integration von Künstlicher Intelligenz. Während 2019 noch der Fokus auf der allgemeinen Digitalisierung und Automatisierung lag, ist 2025 die KI, insbesondere die generative KI, der zentrale Treiber. Das spiegelt sich nicht nur in neuen Kapiteln wider, sondern auch in der Aktualisierung bestehender Beiträge, die nun die potenziellen Anwendungen und Herausforderungen der KI umfassend berücksichtigen. Beispielsweise wird das Thema „Artificial Intelligence in Finance“ (Marco Lützenberger, Estefania Munoz Diaz und Martin Wolleswinkel, EY Consulting GmbH) in der neuen Auflage explizit und detailliert behandelt, von den Funktionsweisen generativer KI bis zu konkreten Anwendungsfällen in der Finanzfunktion.
Christian Fink: Genau. Ein weiterer signifikanter Unterschied ist die stärkere Betonung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und ihrer digitalen Umsetzung. Dieses Thema war 2019 noch nicht in diesem Maße präsent, ist aber durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die European Single Electronic Format (ESEF) Vorgaben zu einem zentralen Handlungsfeld für Unternehmen geworden. Wir widmen diesem Aspekt ein eigenständiges Kapitel, das die regulatorischen Rahmenbedingungen und die Herausforderungen für die Unternehmen detailliert beleuchtet. Auch die Themen Agilität und Kompetenzentwicklung für die digitale Transformation wurden noch stärker in den Vordergrund gerückt, da sie als Erfolgsfaktoren für den Wandel erkannt wurden. Die zweite Auflage ist somit ein deutlich spezifischeres und auf die Top-Themen der digitalen Transformation im Finanz- und Rechnungswesen stärker ausgerichtetes Werk.
Alexander Moutchnik: Werfen wir noch einen Blick auf die Mitwirkenden. Was hat sich in der Zusammensetzung des Autorenkreises verändert?
Christian Fink: Es freut uns sehr, dass wir eine Reihe von Autorinnen und Autoren aus der ersten Auflage erneut für die zweite Ausgabe begeistern konnten. Diese Kontinuität im Autorenstamm sichert auch ein gewisses Fundament an bewährter Expertise. Dazu zählen wir: Uwe Bloching und Julia Brach (Effektive Governance), WP/StB Andrea Bruckner (Abschlussprüfung in der digitalen Welt), Prof. Dr. Till Dannewald, Prof. Dr. Berrin Özergin und Volker Spahn (Einsatz generativer KI im CXM, vorher Data Science), WP Dr. Jens Freiberg (Bilanzierung digitaler (Krypto-)Währungen), Prof. Dr. Christoph Hütten und Dr. Sigrid Schub (Umsatzrealisierung in der Softwarebranche), Dr. Marc Muff (Controlling digitaler Geschäftsmodelle), Luise Marie Strasser (Schönfeldt in der ersten Auflage), Constanze Frank und Marco Marschner (Realitätscheck Agilität).
Markus Faber: Der Fokus einiger Beiträge aus der ersten Auflage hat sich damit verschoben. Wir sind jedem einzelnen dieser Autoren für ihren damaligen Beitrag außerordentlich dankbar. Ihre Arbeit war entscheidend für den Erfolg der ersten Auflage und hat uns geholfen, das Fundament für dieses weiterentwickelte Werk zu legen. Die Dynamik der Themen führte nun dazu, dass wir für spezifische neue Schwerpunkte neue, spezialisierte Autoren gewinnen konnten.
Alexander Moutchnik: Eine beeindruckende Liste von Expertinnen und Experten, die Sie für dieses Projekt gewinnen konnten. Das unterstreicht die Qualität und Relevanz des Buches.
Markus Faber: Die Qualität des Buches ist in erster Linie das Verdienst unserer Autorinnen und Autoren. Wir möchten uns an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich bei allen bedanken, die mit ihrem umfangreichen Fachwissen und ihrer engagierten Arbeit die zweite Auflage erst möglich gemacht haben. Ihre Beiträge sind der Kern dieses Sammelbands und bieten den Lesern einen unschätzbaren Wert.
Christian Fink: Ein ganz besonderer Dank gebührt auch unserem langjährigen und verlässlichen Partner, dem Schäffer-Poeschel Verlag in Stuttgart. Die professionelle und stets konstruktive Zusammenarbeit ist bemerkenswert. Insbesondere möchten wir uns bei Frau Nora Valussi und Frau Angelika Schulz für ihre exzellente Betreuung und Unterstützung bei der redaktionellen und formalen Bearbeitung bedanken. Auch unsere beiden studentischen Hilfskräfte Frau Julia Burkhardt und Frau Vivien Rennecke haben einen wertvollen Beitrag geleistet, um dieses Buch in seiner finalen Form zu gestalten.
Ein Handbuch für Praxis, Lehre und Strategie
Alexander Moutchnik: Für wen wurde die zweite Auflage geschrieben?
Christian Fink: Für Praktiker:innen im Finanz- und Rechnungswesen, die vor der Herausforderung stehen, Digitalisierung strategisch und operativ umzusetzen. Für Lehrende, die aktuelle Inhalte brauchen. Und für Entscheider:innen, die wissen wollen, wohin die Reise geht.
Markus Faber: Wir sind davon überzeugt, dass wir mit dieser zweiten Auflage unser Ziel erreicht haben: ein aktuelles, zeitgemäßes, umfangreiches und vor allem praktisch hilfreiches Handbuch zu schaffen, das die digitale Transformation im Finanz- und Rechnungswesen umfassend beleuchtet und konkrete Anwendungshilfen und -beispiele liefert.
Christian Fink: Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern eine anregende Lektüre und hoffen, dass dieses Buch ihnen nicht nur Wissen vermittelt, sondern sie auch inspiriert, die Herausforderungen und Chancen der digitalen Transformation aktiv zu gestalten und zu meistern. Die Zukunft des Finanz- und Rechnungswesens wird digital, und wir sind fest davon überzeugt, dass unser Buch ein wichtiger Wegweiser auf diesem Pfad sein kann.
Alexander Moutchnik: Vielen Dank für das Gespräch!