Im Rahmen der Seminarreihe „Klimagerechtes Bauen“ im Studiengang Architektur an der Hochschule RheinMain (HSRM) fand im März 2025 zum wiederholten Mal eine studentische Exkursion nach Ghana statt. Neben dem intensiven interkulturellen Austausch bestand das hauptsächliche Ziel der Reise in einem zweiwöchigen interdisziplinären Hands-on-Workshop zum nachhaltigen Bauen mit nachwachsenden Baustoffen. Auf dem Projektgelände der deutschen NGO GROW Colourful Ghana e. V. begleitet die HSRM unter der Leitung von Prof. Sascha Luippold bereits seit zwei Jahren die Planung und Realisierung eines Bambusschulungszentrums. In mehreren Bauphasen entstehen hier verschiedene Gebäudetypen und Funktionsbereiche wie Gästehäuser, Werkhallen, Schulungs- und Infrastrukturgebäude, die der Entwicklung einer nachhaltigen Landwirtschaft und Ausbildung eines lokalen Bauhandwerks dienen.
Nachhaltiger Workshop: Bauen mit Bambus und Lehm
Geleitet wurde das Seminar von Prof. Sascha Luippold, Christoph Diekhans und Nikolai Ochs. Das Projekt ist Teil einer breiten Initiative der HSRM zur Förderung nachwachsender Baustoffe und klimagerechter Bauweisen – mit internationalen Kooperationsprojekten in Ghana, Mosambik und Kolumbien. Zur nachhaltigen Umsetzung dieser sozial und ökologisch ambitionierten Projekte ist jeweils ein starkes Netz aus lokal agierenden Partnern notwendig. In Ghana arbeiten die Studierenden der HSRM deshalb neben internationalen Organisationen wie Ingenieure ohne Grenzen und der die International Bamboo and Rattan Organization vor allem mit den lokalen Partnern Advocates for Biodiversity Conservation, Bamboo for Integrated Development Ghana sowie ISOPTERRA Earth Buildings zusammen. Die deutsch-ghanaische Organisation GROW Colourful Ghana ist als Initiatorin des Projektes für die Gesamtkoordination zuständig und steht zugleich als Geldgeberin sowie Schirmherrin für den nachhaltigen Projekterfolg.
„Auch die diesjährige Exkursion war wieder ein voller Erfolg. Uns ist ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Errichtung des Bambus-Schulungszentrums gelungen, auf den in den nächsten Seminaren aufgebaut werden kann.“ – Christoph Diekhans, Lehrbeauftragter
Bambusbaukastensystem – Prototyp für Forschungsprojekt
Erste Infrastruktureinrichtungen des Bambusschulungszentrums wurden bereits im Jahr 2023 von den lokalen Organisationen und dem Fachbereich Architektur und Bauingenieurwesen der HSRM errichtet. Diesmal war das Ziel, beim Bau einer hexagonalen Hütte zu unterstützen, welche vorwiegend aus Bambus und Lehm errichtet wird. Das Gebäude wird dem Schulungszentrum später als Pförtnerhäuschen und Büro dienen. Dabei ist die Konstruktion auf eine modulare Bauweise ausgerichtet, sodass das Gebäude bei Bedarf beliebig erweiterbar ist. Gleichzeitig ist es ein erster Prototyp im Forschungsprojekt des klimaresilienten Bambusbaukastensystems für die Subsahararegion. Ein zweiter Prototyp soll bereits im Herbst in Mosambik gebaut werden und dabei auf den Erfahrungen aus Ghana aufbauen.
Ökologie trifft Ökonomie: Perspektiven für die Region
Ziel des Bambusschulungszentrums ist der langfristige Aufbau einer lokalen Wertschöpfungskette rund um die in vielerlei Hinsicht nachhaltige Pflanze Bambus – vom Anbau über die Behandlung und Verarbeitung bis hin zur handwerklichen Anwendung im Bauwesen. Das Projekt stärkt nicht nur ökologisch nachhaltige Bauweisen, sondern eröffnet auch neue wirtschaftliche Perspektiven für die ländliche Region im Südosten Ghanas.
Praktische Umsetzung vor Ort
Neben dem kulturellen Austausch stand die praktische Anwendung im Fokus: Bambusverbindungen wurden von Hand gefertigt, mit Lehm ausgemauert, Dachkonstruktionen errichtet und erste Wände verputzt. Nach zehn arbeitsintensiven Tagen stand schließlich die Tragstruktur des ersten Moduls sowie die begrenzenden Wandelemente. Auf diesem Ergebnis aufbauend können nun die lokalen Beteiligten in den nächsten Tagen und Wochen die weiteren Arbeiten fertigstellen und die nächsten Module anschließen.
Forschung und Lehre: Bambus an der HSRM
Das Projekt in Ghana ist Teil einer größeren Initiative zur Stärkung von Bambus als Baustoff, die Prof. Luippold seit einigen Jahren im Fachgebiet Klimagerechtes Bauen in Zusammenarbeit mit dem Labor für Holzbau der HSRM aufgebaut hat. Neben Forschung zu Material- und Bauteileigenschaften gibt es internationale Kooperationen, etwa:
- Aufbau eines Bambus-Forschungszentrums in Mosambik
- ein DAAD-Alumniprojekt zur nachhaltigen Bauwirtschaft in Afrika
- die Entwicklung eines Open-Source-Baukastensystems für Subsaharaländer
- Mitwirkung an der European Bamboo Expo in Deutschland
- sowie die jährliche Wiesbaden Summer School zum Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen