6. SUDABEH MOHAFEZ

6. Poetikdozentur: junge Autoren - Sudabeh Mohafez

Durch ihre deutsch-iranische Herkunft vermag die Berliner Autorin Sudabeh Mohafez aus zwei Kulturbereichen zu schöpfen, die sich sonst meistens fremd bleiben. Mit ihrem literarischen Debüt, den Erzählungen in "Wüstenhimmel, Sternenland" (2004), fand sie ihren persönlichen Stil, bei dem Orient und Okzident eine sprachliche und inhaltliche Einheit bilden. 2005 folgte ihr erster Roman "Gespräch in Meeresnähe". Sudabeh Mohafez hält als Gastdozentin im Sommersemester 2007 zwei Vorlesungen an der Fachhochschule Wiesbaden und zwei Lesungen im Literaturhaus der Stadt Wiesbaden (Villa Clementine).

Den Auftakt bildet eine "Lunchlesung", d. h. eine Vorlesung zur Mittagszeit in der Bibliothek der Fachhochschule Wiesbaden am Kurt-Schumacher-Ring, selbstverständlich mit einem gemeinsamen Imbiss von Autorin und Publikum. Dem Vortrag von Sudabeh Mohafez während der Lunchlesung schließen sich eine Diskussion mit der Autorin und Fragen aus dem Kreis der Gäste an.

Sudabeh Mohafez ist die dritte Autorin, die die "Poetikdozentur: junge Autoren" wahrnimmt, nach Felicitas Hoppe und Julia Franck und den drei Autoren Peter Stamm, Daniel Kehlmann und Albert Ostermaier. In den kommenden Jahren sollen weitere deutsche und internationale junge Autorinnen und Autoren als Poetikdozentinnen und -dozenten gewonnen werden.

Biografie

Sudabeh Mohafez wurde 1963 in Teheran als Tochter einer deutschen Mutter und eines iranischen Vaters geboren. Bereits als Kind hat sie dort auf Deutsch Geschichten geschrieben. 1979 zog sie mit ihrer Familie nach Deutschland. Seit 2005 lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Berlin und Lissabon. Sudabeh Mohafez studierte Musik, Anglistik und Erziehungswissenschaften. Sie war langjährige Mitarbeiterin in verschiedenen Nichtregierungsorganisationen der Bereiche Migration und Gewaltprävention/Anti-Gewalt-Arbeit

In der Begründung für die Verleihung des Adelbert-von-Chamisso-Förderpreises, 2006, wurde ihr "literarisches Talent" gewürdigt, das an "deutschsprachige Schriftstellerinnen aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts" erinnere.

Sudabeh Mohafez ist derzeit Stipendiatin des Schriftstellerhauses Stuttgart.

Sudabeh Mohafez über sich selbst:

Es ist natürlich vollkommen unmöglich, etwas über mich selbst zu schreiben, das für andere einen Sinn ergibt, denn ich kenne mich ausschließlich von innen, während die Welt mich ausschließlich von außen kennt, und das sind zwei ganz und gar verschiedene Orte, dieses Innen und dieses Außen, und es ist eine seltsam verschlungene Angelegenheit, die Innendinge in die Außenwelt zu tragen und die Außendinge in die Innenwelt. Beispielsweise die Sache mit den Ländern ist eine ausgesprochen verschlungene Angelegenheit, und das leuchtet natürlich jedem sofort ein: Diese zwei Länder, eines, das Iran heißt, und eines, das Deutschland heißt, sind in der Außenwelt, also in der Weltwelt, zwei überaus getrennte Angelegenheiten, und dieselben zwei Länder sind in der Innenwelt, also in der Ichwelt, zwei Dinge, die gar nicht zwei, sondern eigentlich nur ein Einziges sind, nämlich auf eine sehr alltägliche Art sind sie untrennbar alles, was ich bin, und ich bin alles, was sie sind, aber ich bin selbstverständlich auch noch andere Dinge und sie sind ohnehin viel mehr, und deswegen ist es so aufregend darüber nachzudenken, was ein Ort ist und was eine Sprache ist und was Innen und Außen ist und wie das Innen und das Außen und der Ort und die Sprache sich berühren können, und es leuchtet natürlich jedem sofort ein, dass dies ein Satz über das Schreiben ist. Das Innen schreibt sich nach außen und das Außen schreibt sich nach innen, und das Schreiben zeichnet also beständig die wirklichsten aller wirklichen Geographien in die Welt und ins Innen, und deshalb, weil das so beglückend und wunderbar ist, habe ich eines Tages beschlossen, mein ganzes Leben schreibend zu verbringen. Und das leuchtet sicherlich jedem sofort ein.