12. ANTJE RÀVIC STRUBEL

12. Poetikdozentur: junge Autoren - Antje Rávic Strubel

Die freie Autorin Antje Rávic Strubel hält im Wintersemester 2010/11 im Rahmen der "Poetikdozentur: junge Autoren" zwei Vorlesungen an der Hochschule RheinMain und zwei Lesungen in der Villa Clementine, dem Literaturhaus der Stadt Wiesbaden.

Ihre Werke wie "Tupolew 134", "Fremd Gehen" oder "Offene Blende" zeigen ihr literarisches Können, mit dem sie die Grenze zwischen Fakt und Fiktion verwischt. Sie spielt gleichzeitig mit der Erwartungshaltung der Leser und erstaunt durch ihre "ans Unwahrscheinliche grenzende" Menschenkenntnis (Ina Hartwig, Frankfurter Rundschau).

Den Auftakt zur Poetikdozentur von Antje Rávic Strubel bildet eine "Lunchlesung", also eine Vorlesung zur Mittagszeit im Gartengeschoss der Hochschule am Kurt-Schumacher-Ring. Dem Vortrag der Autorin schließen sich Fragen aus dem Kreis der Zuhörerschaft und eine Diskussion mit Antje Rávic Strubel an. Selbstverständlich gehört zur Lunchlesung auch ein gemeinsamer Imbiss von Autorin und Gästen.

Antje Rávic Strubel nimmt nach Autorinnen und Autoren wie z.B. Julia Franck, Annette Pehnt, Andreas Maier und Daniel Kehlmann die "Poetikdozentur: junge Autoren" wahr. In den kommenden Jahren sollen weitere deutsche und internationale junge Autorinnen und Autoren für die Poetikdozentur gewonnen werden.

Biografie

Antje Strubel, 1974 in Potsdam geboren, studierte nach einer Buchhandelslehre Literaturwissenschaften, Amerikanistik und Psychologie in New York und Potsdam. Mit dem Erscheinen ihres ersten Buches "Offene Blende" im Jahr 2001 entschied sie sich für einen Autorinnennamen und fügte ihrem bürgerlichen Namen den Zusatz "Rávic" (gesprochen Ravik) zu.

Das Werk der in Potsdam lebenden Schriftstellerin umfasst neben Romanen auch Essays und Hörspiele. Das fortlaufende Motiv dieses Werks sind Menschen, die aus ihrem als begrenzt empfundenen Leben auszubrechen versuchen. Bereits mit 27 Jahren erhielt sie 2001 den Ernst-Willner-Preis.

Zu ihren weiteren Auszeichnungen gehören unter anderem der Roswitha-von-Gandersheim-Preis (2003), der Marburger Literaturpreis (2005) und der Hermann Hesse-Preis (2007).

Antje Rávic Strubel über sich selbst:

Ich wuchs in einer Kleinstadt auf, die groß war darin, LKWs zu bauen, die man dann in ferne Länder verschiffte. Mozambique. Angola. Die Mongolei. Ich wuchs in einem kleinen Land auf, das sich groß machte mit Sprüchen vom Weltfrieden und Brüderlichkeit und kleinlich war in der Behandlung seiner Bürger, die damals nicht Bürger hießen, sondern Werktätige und ihren gebauten LKWs nicht in die Welt hinaus folgen durften. Die meisten meiner Klassenkameraden waren Kinder solcher Werktätiger, was ich nicht von mir behaupten konnte. Meine Eltern gehörten einer Minderheit an, der Intelligenzia, erkennbar auch daran, dass die Tochter ihre Nachmittage nicht auf dem Sozius knatternder Simsons an Kiesgruben, sondern an ihrem Schreibtisch verbrachte, vertieft in ein Buch, möglichst ein verbotenes. Kiesgruben und Mopeds waren keine so große Sache. Intelligenzia und Bücher waren das Größte, weil sie mich vom Schreibtisch und den Kiesgruben und den laufenden Produktionsbändern der Automobilwerke hinweg dorthin führten, wo man sonst nicht hinkam.

Es kann sein, dass ich damals schon den Drang verspürte, mich gänzlich davon zu machen, und mit dem Schreiben begann. Und seit ich so oft schon woanders gewesen bin und gemerkt habe, dass die große weite Welt auch überwiegend aus Kiesgruben besteht und aus Frauen, die auf dem Sozius der Mopeds sitzen, und dass in ihr Stillstand herrscht am laufenden Band, wird dieser Drang täglich stärker.