Smart Home

Wohn-Visionen: Smart Home und Smart City

Wohn-Visionen: Smart Home und Smart City © Lisa Mohr

Wohn-Visionen: Smart Home und Smart City © Lisa Mohr

Wohn-Visionen: Smart Home und Smart City © Peter Engert

Welche Chancen und Gefahren resultieren aus technologischen Innovationen des Smart Living, die unter Begriffen wie Smart Home oder Smart City firmieren? Sie werden einerseits als Modelle der Zukunft verhandelt, die ihren Nutzerinnen und Nutzern Unterstützung, Komfort und Sicherheit bieten. Andererseits dienen sie auch dem Abschöpfen persönlicher Daten und deren Monetarisierung in gigantischem Ausmaß. Gleichzeitig werden die Nutzerinnen und Nutzer solcher Technologien zu „gläsernen Menschen“ – als potenzielle Subjekte totaler staatlicher Kontrolle.

Ein Leben als „Offliner“ soll möglich sein

Diesen brisanten Themen widmete sich die Auftaktveranstaltung der Reihe WOHN VISIONEN, einer Serie von Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen, die als Kooperationsprojekt des Projekts IMPACT mit dem Fachbereich Sozialwesen an der Hochschule RheinMain (HSRM) am 29. Oktober veranstaltet wurde. Prof. Dr. Thomas Heimer, Leiter des Projekts IMPACT RheinMain, moderierte den Abend, der mehr als 60 Besucherinnen und Besuchern mit vier kurzweiligen Impulsvorträgen unterschiedliche Perspektiven auf die Thematik eröffnete. Prof. Dr. Walid Hafezi vom Fachbereich Sozialwesen stellte im ersten Beitrag dar, dass es Assistenzsystemen weithin an Akzeptanz fehle und sie es kaum in den Alltag vieler älterer Menschen geschafft hätten. Um dem zu begegnen, sei eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit einhergehenden Wertekonflikten notwendig: Wie können wir in einer digitalen Gesellschaft Teilhabe ermöglichen und ein autonomes und selbstbestimmtes Leben für alle fördern? „Altersbilder müssen u. a. von der Wirtschaft neu definiert werden und dürfen nicht mehr nur als ‚defizitär‘ dargestellt werden“ fordert Hafezi; auch ein Leben als „Offliner“ müsse möglich sein, ohne stigmatisiert zu werden.

Problematischer Datenschutz

Kai Beckmann, Informatiker am Fachbereich Design, Medien, Informatik der HSRM beschrieb zunächst die technischen Rahmenbedingungen, die ein Smart Home kennzeichnen. Der Komfort, den das Smart Home verspricht, wird häufig über eine Cloud gewährleistet, die auf dem Server eines externen Anbieters liegt. Dieser „Service“ wird über Big Data „finanziert“, also über Nutzung der persönlichen Daten der Anwenderinnen und Anwender. Beckmann meinte es seien grundsätzlich auch Lösungen möglich, die die Privatsphäre schützten, jedoch fehle es hierfür an der Bereitschaft der Nutzenden, für solche Modelle zu zahlen. Sylvia Felicitas Jakob, Justiziarin für Datenschutzangelegenheiten der Hochschule RheinMain, ging in ihrem Vortrag auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ein, die sowohl im Smart Home als auch in Smart City-Anwendungen Schutz bieten sollte. Sie wies allerdings anhand aufsehenerregender Beispiele darauf hin, dass Anbieter die rechtlichen Vorgaben vorsätzlich oder aus Nachlässigkeit unterlaufen. Es habe den Anschein, als wolle man seitens der Industrie Grenzen ausreizen und schauen, wie weit man unbemerkt gehen könne.

Barcelona als Best Practice-Beispiel

Eva Isselstein und Prof. Dr. Bernd Belina vom Humangeografischen Institut der Goethe-Universität in Frankfurt rundeten die Beiträge mit ihrer kritischen Perspektive auf Smart Cities ab. Nach einem prüfenden Blick auf die Versprechungen von Smart City Technologien im Hinblick auf Demokratisierung, Steuerung, Sicherheit, Umweltschutz und Gerechtigkeit zeigten sie mit Barcelona ein Best Practice-Beispiel für einen Einsatz, der durch Verwendung offener Software und partizipativer Verfahren für die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt positiv gestaltend wirkt. In der anschließenden Diskussion mit dem Publikum kam die Frage auf, was das „Smart Home“ für die Selbstwirksamkeit des Menschen bedeute und ob hierdurch soziale Isolation gefördert werde. Das Ziel intelligenter Assistenzsysteme sollte sein, diese (menschlichen) Bedürfnisse zu berücksichtigen und darüber hinaus Menschen sogar zur Selbstwirksamkeit zu befähigen. Prämisse dabei: Der Einzelne muss die Freiheit behalten, über seine Umgebung selbst zu entscheiden.

Mit großem Interesse wird nun auch die Folgeveranstaltung am 26. November erwartet, die im Wiesbadener Stadtmuseum stattfinden und Konzepte des gemeinschaftlichen Wohnens in den Blick nehmen wird. Im Januar wird dann die „Gesunde Stadt“ das dritte Thema der Reihe WOHN-VISIONEN sein.