DAS GEBÄUDE (RHEINSTRASSE)

Das Gebäude - Ein Beispiel für die Architektur des Historismus

Hervorgegangen aus einer 1730 gegründeten verwaltungsinternen Regierungsbibliothek des Fürstentums Nassau-Usingen wurde die Landesbibliothek unter dem Namen "Herzoglich Nassauische Öffentliche Bibliothek" 1813 erstmals der Bevölkerung zugänglich gemacht. Bevor sie 1913 ihr heutiges Gebäude in der Rheinstrasse beziehen konnte, war sie im Erbprinzenpalais, dem heutigen Sitz der IHK in der Wilhelmstrasse untergebracht.

Die Bauphase

Dem Bau in der Rheinstraße ging eine rege Diskussion über den Standort voraus. Diskutiert wurde die Möglichkeit, Bibliothek und Landesmuseum in einem Gebäude unterzubringen. Dies wurde aber bald aufgrund der unterschiedlichen Bedürfnisse beider Institutionen verworfen.

So begann die Suche nach einem eigenen Standort. Im Gespräch war eine Freifläche auf dem Dernschen Gelände, aber auch der Umbau des alten Appellationsgerichts in der Friedrichstrasse 13/15. Da die Kosten sich aber auf geschätzte 600.000 Goldmark belaufen hätten, wurde dieser Gedanke zu Gunsten eines kompletten Neubaus aufgegeben.

Auf dem Baugrundstück an der Rheinstraße, damals am Rande der Stadt, stand vorher eine Artilleriekaserne, die kurz zuvor abgerissen worden war, so dass Platz für Wohnhäuser und den Neubau der Landesbibliothek gegeben war.

Bei der Planung ging man davon aus, dass die Stadt sich in Richtung Biebrich erweitern und dass dann die Bibliothek schließlich mitten in der Stadt liegen würde und eine günstige Lage zu Einrichtungen wie Landesbank (Nassauische Sparkasse), Gericht, Schulen, Landesdirektion usw. hätte.

Bei Baubeginn war das Eckgrundstück Rheinstraße/ Schwalbacher Straße bereits bebaut.

Am 8. Juni 1911 begannen die Erdarbeiten, am 17. Juli 1913 war der Tag der feierlichen Einweihung.

Zu diesem Anlass erschien ein ausführlicher Artikel in der Architektenzeitung.

Unterhaltsträger war die Stadt. Deshalb erfolgte die Bauplanung und -leitung durch Beamte des Hochbauamts.

Der Entwurf wurde vom Architekten B. Engels und dem Stadtbauinspektor Friedrich Grün gefertigt. Letzterer hatte auch die Oberleitung der Ausführung inne. In enger Abstimmung mit der damaligen Bibliotheksleitung wurde der Entwurf erstellt (Grundrisszeichnung).

Man ließ die Bibliothek bewusst von heimischen Firmen errichten. Eine Ausnahme war die besondere Stahlkonstruktion des Magazins, sie wurde von der renommierten Straßburger Firma Lipman konstruiert.

Die gesamte Bibliothek, also das Gebäude in seinem äußeren Erscheinungsbild und die Ausgestaltung im Innern (Farben, Materialien, Möbel etc.) wurden als ein Gesamtkunstwerk verstanden. Man maß selbst der Stoffbespannung in Garderobe und Vorraum des Direktorenzimmers eine immense Bedeutung zu. Möbel wurden eigens vom Architekten entworfen, besondere Schnitzereien für den Lesesaal angefertigt, eine Gutenberg-Plastik für das Portal geschaffen. Ziermalereien wurden mit Schablonen aufgetragen. Es wurde auf Verschiedenheit der Farben in den einzelnen Bereichen geachtet. Die Gardinen, der Fußboden (Linoleum) - alles wurde aufeinander abgestimmt. Besonders zu nennen sind noch die Beleuchtungskörper. Eine große Bronze-Laterne im Treppenhaus, zwei Bronze-Kronen im Lesesaal, vier Bronze-Strahler im Foyer in den Ecken. Wahrscheinlich sind diese Beleuchtungskörper im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen und ersetzt worden.

E. Liesegang