Frauen in Ingenieurwissenschaften – ganz natürlich?

Frauen in Ingenieurwissenschaften – eine ganz natürliche Sache! Zumindest sollte man das doch meinen, nach all den Jahren Kampf und Auseinandersetzung um Emanzipation, Gleichberechtigung und Gleichbehandlung. Aber egal von welcher Seite man es am Campus und bei Praktika begutachtet, mit wieviel Liebe, Nachsicht oder Sachlichkeit man es auch betrachtet, für uns Frauen klingt das Fazit noch immer wie ein schlecht gelauntes Navi: „Sie haben Ihr Ziel noch nicht erreicht!“

So ganz natürlich ist es nämlich noch lange nicht, als Frau in den Studiengängen der Ingenieurwissenschaften unterwegs zu sein. Das haben auch die 7 Studentinnen erfahren müssen, die sich hier am Campus Rüsselsheim oder am Campus Wiesbaden auf ihre Master- und Bachelor-Arbeiten vorbereiten, bzw. mitten im Studium stecken. Die Ressentiments und Vorurteile gegenüber weiblichen Fähigkeiten in Bezug auf ein erfolgreiches Studium mögen nicht mehr ganz so offen und frech zu Tage treten, wie es am Campus noch vor gut 20 Jahren Usus war. Aber sie sind noch da, die frauenfeindlichen Respektlosigkeiten und impertinenten Sprücheklopfer.

Aus diesem Grund haben die Teilnehmerinnen des Kurses „Frauen in Ingenieurwissenschaften“ (FiI), der von Prof. Dr. Konstanze Anspach betreut wird, alle Sprüche, die sie in ihrem Studentinnenleben bisher aushalten durften, gesammelt. Die angenehmsten und druckbarsten wurden ausgewählt, mit Barbie und Ken als „role-model“ in Pose gesetzt und das Ganze auf
Postkarten gedruckt.

Die Teilnehmerinnen haben die Postkarten, bei denen sich vielleicht sogar der ein oder andere als „zitierte Quelle“ wiedererkennt – quasi als visuelle Stolpersteine – an den verschiedensten Stellen ausgelegt, um nicht nur das Auge, sondern auch die eigene Wahrnehmung ins Straucheln zu bringen ….. und das Feedback fiel ebenso unterschiedlich aus: von schierem Unglauben, dass es so etwas in unserer aufgeklärten Gesellschaft nicht mehr geben kann bis hin zu überzeugter Übereinstimmung mit der eigenen Einstellung.

Das erste Etappenziel war damit zumindest erreicht: Es gibt sie noch, die Chauvi-Sprüche. Und es gibt auch noch die Typen dazu, die das auch genauso meinen, wie sie es sagen. Und das betrifft nicht nur „ältere Semester“ oder Professoren, nein auch junge Studienanfänger sind mit von der Partie. Also ran an die Diskussion! Mit freundlichen Hinweisen wie dieser Postkartenaktion, Umparken im Kopf ist angesagt. Umdenken im Umgang mit Frauen am Arbeitsplatz, im Seminar, am Campus……und dann?

Ziel erreicht?? Mitnichten. 

Es bleibt ein Wunsch, nein nicht einer, viele. Aber alle haben sie einen gemeinsamen Nenner: Der Wunsch nach Respekt!

Keine der Frauen, die an dem Kurs „FiI“ teilgenommen hat, hat ein Interesse an den Rollenbildern und Klischees wie auf den Postkarten und trotzdem werden sie nicht schimpfend als „Zicke“ oder Emanze über den Campus marschieren. Aber sie sind es weitestgehend leid und müde, immer wieder betonen zu müssen, dass sie als Ingenieurin genauso viel im Studium und im Beruf leisten können wie ihre männlichen Kollegen.

Von der Männerwelt nicht als „gleich“ aber als „gleich wertvoll“ respektiert zu werden, ist das eigentliche Ziel dieser ganzen Aktion. Und schaut man in die selbstbewussten Gesichter des versammelten FiI-Teams rund um Professorin Anspach, ist auch klar, dass hier der Staffelstab übergeben wird: an die Kommilitonen und Kollegen!

…..und, was sagt das Navi? Ziel erreicht?? Als ob Männer da hinhören würden – auch so ein Klischee, oder??